Faszinierendes Weltall
Eine Vortragsreihe des
Förderkreis Planetarium Göttingen e.V.
Jeweils Dienstags um 20.00 Uhr im
ZHG der
Universität Göttingen,
Platz der Göttinger Sieben, Hörsaal 008
(Wegbeschreibung).
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21. Oktober 2014:
Der lange Weg zu den Galaxien - Entfernungsbestimmung in der Astronomie
Dr. Klaus Jäger,
Max-Planck-Institut für Astronomie, Heidelberg
Es war ein langer Weg von der Entfernungsbestimmung der nächsten Sterne bis zum Nachweis, dass unsere Galaxie nur eine unter Milliarden anderer Sternsysteme ist. In den ersten Jahrhunderten seit Erfindung des Teleskops interpretierten die meisten Astronomen die zahlreich gefundenen so genannten "Nebel" ausschließlich als Gas- und Staubwolken in unserem eigenen Milchstraßensystem, welches zudem als das gesamte Universum verstanden wurde. Erst vor etwa 100 Jahren gelang der Nachweis, dass unzählige dieser schon von Charles Messier katalogisierten "Nebel" in Wahrheit eigenständige Galaxien sind, die sich weit außerhalb unseres Milchstraßensystems in Entfernungen von bis zu Milliarden von Lichtjahren befinden. Das Aufstoßen dieser Tür zum extragalaktischen Kosmos ist untrennbar mit Edwin Hubble und Henrietta Swan Leavitt verbunden. Doch wie konnte dieser Nachweis überhaupt erbracht werden? Klaus Jäger erläutert unterhaltsam und anschaulich verschiedene Methoden der Astronomen zur Entfernungsbestimmung von Objekten im All.
04. November 2014:
Kosmische Explosionen
Prof. Dr. Wolfgang Hillebrandt,
Max-Planck-Institut für Astrophysik, Garching
Schon vor mehr als tausend Jahren beobachteten Himmelsforscher merkwürdige Helligkeitsausbrüche von Sternen. Sie nannten sie "Novae", weil sie dachten, dass ein neuer (lat. nova) Stern geboren sei, und die hellsten von ihnen nannte man später Supernovae. Heute wissen wir, dass das Gegenteil geschieht: Es sind Explosionen, in denen Sterne "sterben". Unter dem Einfluss der eigenen Schwerkraft kollabiert der Stern, ein Vorgang, auf den eine gewaltige Explosion folgt: die Supernova, die dann für einige Wochen und Monate so hell leuchtet wie eine ganze Galaxie aus Milliarden von Sternen. Im Vortrag werden die Ursachen dieser Explosionen und deren Auswirkungen vorgestellt. So sind sie für die Entstehung der schweren chemischen Elemente verantwortlich, und sie können zur Vermessung des Universums benutzt werden. Doch auch auf andere Arten von Sternexplosionen geht Vortrag ein: Weiße Zwergsterne können ihr Dasein in spektakulären thermonuklearen Explosionen beenden, und sehr massereiche Sterne kollabieren zu "schwarzen Löchern".
18. November 2014:
Weltraumrecht im 21. Jahrhundert: Bestand und Perspektiven
PD Dr. Marcus Schladebach,
Georg-August-Universität Göttingen, Institut für Völker- und Europarecht
Das Weltraumrecht stellt als besonderes Völkerrecht die rechtliche Grundordnung für die Nutzung des Weltraums dar. Ebenso wie die Hohe See und die Tiefsee nach dem UN-Seerechtsübereinkommen ist der Weltraum "Gemeinsames Erbe der Menschheit" und soll daher allen Staaten gleichermaßen zur Erforschung und Nutzung offenstehen. Hieraus resultieren nicht nur hoheitsrechtliche Grundfragen, sondern auch Verteilungsregelungen, die auf den unterschiedlichen wirtschaftlich-technischen Entwicklungsstand vieler Staaten angemessene Antworten finden müssen. Die wirtschaftliche Nutzung des Weltraums durch Kommunikationssatelliten, durch bemannte Raumfahrt und durch Erdfernerkundung stehen dabei im Mittelpunkt. Darüber hinaus bedürfen auch die Zulässigkeit militärischer Nutzungen, die Folgen der Raumfahrt für die Umwelt (Weltraumschrott) und neuartige Flugreiseoptionen (Weltraumtourismus) einer weltraumrechtlichen Untersuchung. Zudem erscheinen die Perspektiven eines nationalen Weltraumgesetzes in Deutschland interessant. Angesichts dieser Entwicklungen will der Vortrag den Erkenntnisstand dieses modernen Rechtsgebiets beleuchten.
02. Dezember 2014:
Galileo Galilei und die Auseinandersetzung zwischen Naturwissenschaft und
katholischer Kirche
Prof. Dr. Klaus Beuermann,
Georg-August-Universität Göttingen, Institut für Astrophysik
Vor 450 Jahren wurde Galileo Galilei geboren, der wie kaum ein anderer Naturwissenschaftler die Gemüter der Menschen bewegt hat. Aufgrund seiner Beobachtungen mit dem Fernrohr wurde er zum ersten nachhaltigen Verfechter des heliozentrischen Weltsystems des Kopernikus und geriet damit in Konflikt mit der damals vorherrschenden philosophisch und religiös dominierten Erklärung des Naturgeschehens. Seine Verurteilung durch die Inquisition war der vergebliche Versuch der katholischen Kirche, den Neuerungen einen Riegel vorzuschieben. Eine weitgehende Rehabilitierung Galileis durch die Kirche erfolgte sehr zögerlich erst im Laufe des 20. Jahrhunderts. Der "Fall Galilei" ist bedeutsam wegen des durch ihn mit herbeigeführten geistesgeschichtlichen Umbruchs und der noch heute viel diskutierten Frage nach der Verträglichkeit von Naturwissenschaft und Religion.
Vortragsmanuskript (K. Beuermann)
16. Dezember 2014:
Neue Untersuchungen zur Entstehung des Mondes
Prof. Dr. Andreas Pack,
Georg-August-Universität Göttingen, Geowissenschaftliches Zentrum
Der Mond hat sich vor 4,5 Milliarden Jahren durch die Kollision mit einem Mars-großen Körper namens Theia gebildet. Bei der Kollision hat sich der Gesteinsmantel von Theia mit Material des Erdmantels gemischt und ein Ringsystem gebildet aus dem schließlich der Mond entstand. Das Material des Mondes, so sagen Modellrechnungen voraus, besteht zu einem großen Teil aus Theia. Diese Berechnungen standen bisher im Gegensatz zu Analysen von irdischen und Mondgesteinen. Neue Messungen in Göttingen konnten nun erstmals Material von Theia an Mondgesteinen identifizieren. Diese Messungen stützen die "Giant Impact"-Hypothese zur Mondbildung.
13. Januar 2015:
Grenzenlos scharf: Lichtmikroskopie im 21. Jahrhundert
(Hörsaal 010)
Prof. Dr. Stefan Hell,
Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie, Göttingen
Seit dem 17. Jahrhundert führt das Lichtmikroskop - wie kaum ein anderes Instrument - zu wissenschaftlichen Erkenntnissen. Doch Licht breitet sich als Welle aus und wird gebeugt. Deshalb kann ein Lichtmikroskop nur Details auflösen, die mindestens eine halbe Wellenlänge (200 Nanometer) voneinander entfernt sind. 1873 von Ernst Abbe entdeckt und in einer Formel festgehalten, erschien dieses Gesetz unüberwindbar. Um feinere Strukturen untersuchen zu können, wurden deshalb die Elektronen- sowie die Rastersondenmikroskopie erfunden, die mit ihrer höheren Auflösung maßgeblich zum Fortschritt des 20. Jahrhunderts beigetragen haben. Dennoch: Intakte oder sogar lebende Zellen können diese Verfahren nicht abbilden, da sie auf Oberflächen begrenzt sind oder sogar Vakuum erfordern. Eine Zelle zerstörungsfrei abbilden kann nur fokussiertes Licht. Wir haben einen Weg gefunden, die 130 Jahre alte Abbesche Grenze im Fluoreszenzmikroskop zu überwinden. Das Neue an dem STED - Verfahren ist, dass die Schärfe nicht mehr durch die Lichtwellenlänge begrenzt ist. Wir ergänzten dazu die Abbesche Formel um einen entscheidenden Wurzelterm, der nun auch molekulare Auflösungen zulässt. Mithilfe der STED-Mikroskopie können heute Proteinverteilungen bis zu zehnmal schärfer als bisher dargestellt werden So erzielten wir bereits Auflösungen von 20 Nanometern, also 10fach über Abbes Grenze. Da Proteinkomplexe im Bereich 0,01 bis 0,2 Mikrometer liegen, hat unser Mikroskop das Potenzial, in die molekulare Skala des Lebens vorzudringen und Krankheiten besser auf die Spur zu kommen. Erste wichtige Erkenntnisse wurden bereits gemacht: So konnte die STED-Mikroskopie einzelne Bläschen mit Nervenbotenstoffen (synaptische Vesikel) auflösen und damit eine wichtige Frage der Neurobiologie klären.
Zusatzvortrag (Hörsaal 010)
Montag, 19. Januar 2015:
Stefan Zweig, Thomas Mann, das Higgs-Teilchen und die Gravitationswellen
Prof. Dr. Harald Lesch,
Ludwig-Maximilians-Universität München, Institut für Astronomie und
Astrophysik
Ein literarisch-physikalischer Abend über die Grenzen der erkennbaren Wirklichkeit. Vom Wettlauf zum Südpol, über den Hochstapler Felix Krull, zum LHC und dem Beginn des Universums.
27. Januar 2015:
Das Inferno rotierender Schwarzer Löcher
Prof. Dr. Karl Mannheim,
Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Schwarze Löcher sind in der Astrophysik allgegenwärtig. Die massereichsten von ihnen befinden sich in den Zentren großer Galaxien. Sie entstehen dort durch das Einströmen von interstellarem Gas und erreichen Massen von über 100 Millionen Sonnenmassen. Ihr Ereignishorizont erreicht dann eine Ausdehnung von der Größe des Erdbahnradius. Sie erscheinen daher punktförmig. Durch die Beobachtung der Gammastrahlung von aktiven Galaxienkernen wurden nun Helligkeitsvariationen entdeckt, bei denen sich ihre Helligkeit in nur wenigen Minuten verdoppelt. Wegen der Kausalität der Lichtausbreitung muss die zentrale Strahlungsquelle paradoxerweise {\em kleiner} als der Ereignishorizont der Schwarzen Löcher sein. Eine plausible Erklärung dafür könnten rotierende Schwarze Löcher sein, die in ihrer nahen Umgebung elektrische Felder und blitzartige Entladungen, die von Leuchterscheinungen begleitet werden, verursachen.
10. Februar 2015:
Einsteins Traum: Auf der Suche nach der Quantengravitation
Dr. Benjamin Bahr, DESY, Hamburg
Zwei große physikalische Revolutionen haben das Bild des Universums - vom kleinsten Teilchen bis zum größten Galaxienhaufen - zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts auf den Kopf gestellt: Die hauptsächlich von Albert Einstein entwickelte Relativitätstheorie und die Quantenphysik, an deren Entwicklung viele namhafte Physiker, wie Max Planck, Werner Heisenberg und Erwin Schrödinger, beteiligt waren. Beide zu einem großen, umfassenden Ganzen, einer Theorie der "Quantengravitation", zu vereinen, war Einsteins lang gehegter, aber bis heute nicht realisierter Traum. Im Vortrag gehe ich auf die grundlegenden Ideen hinter Relativitätstheorie und Quantenphysik ein und erkläre, warum man die beiden miteinander vereinen muss, um schwarze Löcher und den Urknall verstehen zu können. Zwei vielversprechende Ansätze hierzu sind die Stringtheorie und die Schleifenquantengravitation.
24. Februar 2015:
Das moderne Planetarium: Auf schmalem Grat zwischen Bildung, Kultur und Show
Prof. Dr. Susanne Hüttemeister,
Planetarium Bochum
Planetarien gibt es seit fast 100 Jahren. Für lange Zeit war völlig klar, was in ihren Kuppeln geschah: Anhand von Projektionen der Sterne und Planeten wurden von einem Vortragenden der Nachthimmel, die Sternbilder und die Bewegungen der Himmelskörper, wie der irdische Beobachter sie sieht, erläutert. Aber vor allem im letzten Jahrzehnt haben sich mit dem Einzug digitaler Technik die Möglichkeiten des Planetariums rasant erweitert und gewandelt. Planetariumsshows gibt es heute zu vielen Themen und für viele Zielgruppen. Neben Veranstaltungen für Kinder und Erwachsene, in denen der Weltraum und die Sterne im Mittelpunkt stehen, steht eine große Vielfalt von Formaten von der Musikshow über das Naturkundeprogramm bis hin zum experimentellen Kunstprojekt. Was also ist das moderne Planetarium, und was soll es sein? Sieht es sich als "Kosmisches Schauspielhaus", als allgemeines "Wissenschaftstheater", als Aufführungsort für Kulturprojekte oder als "Location" für die heute scheinbar allgegenwärtigen "Events" aller Art? Welche Rolle spielt der Sternenhimmel? Was erwarten die Besucher? Und wie stellen sich Planetarien auf die Herausforderungen der Zukunft ein?
10. März 2015:
Des Kometen Kern: Erste Ergebnisse der Rosetta Mission
(Hörsaal 010)
Prof. Dr. Ulrich Christensen,
Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung, Göttingen
Nach einer 10-jährigen Flugphase hat die ESA-Raumsonde Rosetta am 6. August 2014 ihr Ziel, den Kometen 67P/ Churyumov-Gerasimenko, erreicht. Die aktuellsten Bilder, die mit Hilfe des am MPS entwickelten Kamerasystems OSIRIS aufgenommen wurden, zeigen eine Welt von bizarrer Schönheit und außergewöhnlicher Formen. Mitte November soll die am MPS mitentwickelte Landeeinheit Philae auf dem "Kopf" des Kometen aufsetzen, um erstmals auf der Oberfläche eines aktiven Kometen Urmaterie aus der Entstehungszeit des Sonnensystems zu untersuchen.